LogoElucidatio: 2. Teil (Gebrauch)


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SECUNDA PARS...

Zweiter Hauptteil des Traktats vom Astrolabium welcher verschiedene bestimmende Auslegungen, Definitionen & Festlegungen, und gewiß auch zahlreichen Gebrauch des Astrolabiums einleuchtend erklärt.

Der Unterabschnitt über den astronomischen Gebrauch ist sehr umfangreich, jedoch leider ganz ohne Abbildungen. Aus dem nächsten Unterabschnitt über Astrologie stammen die folgenden Horoskopbeispiele, und der letzte Unterabschnitt "De Geometricis" ist wieder reichhaltig mit Holzschnitten versehen.

Geburtshoroskop
Noch ein Horoskop.
Ein weiteres Horoskop.
Eine vereinfachte Form des Astrolabiums, bestehend einem Viertelkreissegment mit einfacher Peilvorrichtung am oberen Schenkel und einem Bleilot an einem Faden zum Ablesen der Elevation.




DE GEOMETRICIS...

Von der Feldmeßkunst. Sachen zu messen, erreichbare & unerreichbare Höhen, außerdem Dinge in Ebene & Abgrund zu bestimmen, in Länge, Breite, & Tiefen zu messen, unternimmt dieses Traktat.

Peildreieck.
Das Schattenquadrat befindet sich meist auf der Rückseite des Astrolabiums. Es unterteilt jeweils 45° in 12 Teile, wobei in den senkrechten und waagrechten Endpunkten mit 1 begonnen wird und die Diagonalen mit 12 beziffert sind. Die waagrechten Skalen heißen UMBRA RECTA ("wahrer Schatten") und die senkrechten Skalen UMBRA VERSA ("Gegenschatten"). Angepeilt und abgelesen wird mit der Alhidade. Wichtig ist dabei die Regel, daß der Faktor bei UMBRA RECTA zu "12:Ablesung" und bei UMBRA VERSA zu "Ablesung:12" berechnet wird.
Höhenmessung mit dem Schattenquadrat: Steht die Sonne in der Teilung 12, so ist der Turm genau so hoch wie der Schatten lang ist. Der Beobachter steht am Ende des Schattens und peilt von da über den Turm die Sonne an, also muß die Augenhöhe addiert werden.
Höhenmessung mit dem Schattenquadrat: Die Alhidade steht hier auf 4 in UMBRA VERSA. Der Beobachter steht 45 Schritte vom Turm entfernt (=Schattenlänge). Die Höhe des Turms berechnet sich zu 4:12 x 45 = 15 Schritten. Stünde die Alhidade auf 7 in UMBRA RECTA, ergäbe sich die Turmhöhe zu 12:7 x 45 = 77 Schritten - jeweils zuzüglich der Augenhöhe.
Veranschaulichung der Proportionalität: Nachdem der (28 Schritt plus Augenhöhe) hohe Turm bei 35 Schritten Entfernung angepeilt wurde (Teilung 9 in UMBRA VERSA), geht der Beobachter jeweils 7 Schritte auf den Turm zu, wobei die Peilung nacheinander 12, 9, 6 und 3 in UMBRA RECTA ergibt.
Vermessung eines Kirchturms.
Ein weiteres Beispiel.
Höhenmessung bei unerreichbarer Basis (hier verhindert ein Burggraben vor dem Turm das einfache Abschreiten der Basislänge): Es werden zwei Peilungen vorgenommen - bei Punkt L am Burggraben und etwas weiter entfernt bei Punkt K. Die Peilung bei L ergibt 2 in UMBRA VERSA (Faktor 2:12) und bei K 12 (Faktor 12:12). Die Turmhöhe errechnet sich aus der Anzahl Schritte zwischen den beiden Meßpunkten (hier 16) und der Differenz der Kehrwerte der gepeilten Faktoren, also 16:(12:2-12:12) = 16:(6-1) = 3,2 Schritte über der Augenhöhe.
Jetzt wird's ganz kompliziert: Dieser Turm steht auf einem Felsen und ist nicht direkt erreichbar, wir wollen aber sowohl die Höhe des Felsens als auch die des Turms wissen. Punkt A ist die Turmspitze, Punkt B der Turmfuß, Punkt C das Lot des Turms in der Meßebene, und die Punkte D, E, F und G die 4 benötigten Meßpunkte.

Zunächst wird die Höhe des Felsens bestimmt. Die Anzahl der Schritte zwischen D und E ist 40; die Peilung bei E ergibt 6 in UMBRA VERSA (Faktor 6:12) und bei D 10 in UMBRA RECTA (Faktor 12:10). Daraus errechnet sich die Höhe des Felsens zu 40:(12:6-10:12) = 47 Schritten.

Anschließend wird die Höhe der Turmspitze über der Ebene bestimmt. Die Anzahl der Schritte zwischen F und G ist 55; die Peilung bei G ergibt 3 in UMBRA VERSA (Faktor 3:12) und bei F 5 in UMBRA VERSA (Faktor 5:12). Daraus errechnet sich die Höhe zu 55:(12:3-12:5) = 88 Schritten.

Die Turmhöhe ist also 88-47 = 41 Schritte.

Eine schnelle Methode um kurze Strecken zu messen, ohne den Weg abzuschreiten oder ein Längenmaß zu verwenden - z.B über unwegsames Gelände oder einen Abgrund hinweg: Über eine Meßstange wird der Zielpunkt in der Höhe des Stangenfußes angepeilt; die Zielentfernung errechnet sich aus der Stangenhöhe geteilt duch den gemessenen Faktor. Beispiel in der Abbildung: Über eine 5 Fuß hohe Stange wird der Baum angepeilt und 3 in UMBRA VERSA (Faktor 3:12) abgelesen. Der Baum ist also 5:(3:12) = 20 Fuß entfernt.
Eine Abwandlung der vorigen Methode für bessere Genauigkeit - durch Anpeilen des Zielpunkts auch in der Horizontalen und Vergrößerung des Basisabstands.
Der einfachste Fall: bei einer abgelesenen Teilung von 12 ist die Länge gleich der Breite.
Vermessung der Tiefe eines Brunnens: Über den oberen Rand wird der gegenüberliegende untere Rand angepeilt. Die Tiefe errechnet sich aus dem Brunnendurchmesser multipliziert mit dem gemessenen Faktor: Beispiel: Der Brunnen mißt 8 Fuß im Durchmesser und wir lesen 3 in UMBRA RECTA ab (Faktor 12:3). Der Brunnen ist somit 8 x (12:3) = 32 Fuß tief.

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